Unfälle in Deutschland im Jahr 1986

(26 verletzte FA)

Hinweis: in der Statistik sind auch Unfälle enthalten die bisher nicht veröffentlicht wurden. Daher kann es vorkommen, dass die Gesamtzahl der betroffenen FA die Summe der in den Berichten erwähnten übersteigt.


- Großbrand - 26 Feuerwehrmänner mit Vergiftungen

(bl) Leipzig (Sachsen). Bei einem Großbrand in der Leipziger Wollkämmerei brannten große Mengen von Kunststofffasern. Beim Eintreffen der ersten Fahrzeuge drang aus allen Öffnungen des betroffenen Werkgebäudes dicker, schwarzer Rauch. In ca. 10-15 m Entfernung fielen Spatzen aus einem Baum. Im Gebäude wurden zwei Menschen vermisst. Die beiden Arbeiterinnen wurden zwar relativ schnell gefunden, konnten jedoch nicht mehr reanimiert werden. Weitere 19 Mitarbeiter wurden verletzt. Mehrere Atemschutztrupps die zum Innenangriff vorgingen klagten nach wenigen Minuten über Schwindelgefühl und Atemnot, weshalb diese den Rückzug an traten aber meist im Freien kollabierten. Innerhalb kurzer Zeit fielen 26 Feuerwehrmänner aus. Dies waren zu meist die Feuerwehrleute, die in den ersten 1,5 h zum Einsatz kamen. Ein Feuerwehrmann brach nach der Rettung seines Gruppenführer zusammen und wurde im Gebäude vermisst. Er lag am Boden, in der Nähe zu einem Lüftungsschlitz. Noch während des Umfallens riss er sich die Maske vom Kopf, da er wusste, dass der Atemluftvorrat nur sehr gering war. Nach 150 Minuten wurde der Kollege bewusstlos aufgefunden und konnte glücklicherweise gerettet werden.

Die außergewöhnliche Häufung von Vergiftungserscheinungen konnte nicht vollständig abschließend geklärt werden. Bei der Verbrennung der vorhandenen Stoffe (Polyacrylnitril, Viskose und anderes im Brandraum befindliche Material) entstand eine unbeschreiblich hohe Blausäurekonzentrationen. Das Gift wird dann über die Atemwege und auch über die Haut aufgenommen. Dies ist aber nicht vergleichbar zu den vielen anderen Bränden (z. B. Wohnungsbränden) wo ebenfalls Blausäure entsteht, ohne dass wir uns dessen bewußt sind. Gelangt dieses Gift in den Körper wird die Sauerstoffaufnahme in den Zellen blockiert. Sehr wahrscheinlich ist, dass die Blausäure durch die Schutzkleidung auf die Haut gelangte und nach dem Ablegen der Masken die Dämpfe aus der Einsatzkleidung eingeatmet wurden. Vermutungen, dass durch die Verbrennungsvorgänge ein Kampfgas entstand, konnten bisher noch nicht bestätigt werden.

Der Mitteldeutsche Rundfunk sendete zum 25. Jahrestag des Brandes einen Fernsehbericht in ECHT - DAS MAGAZIN ZUM STAUNEN. In dem sehr interessanten Beitrag wurden einige betroffene Kollegen interviewt.

Quelle: Feuerwehr Leipzig, Reinhard Steffler